Die freudlose Gasse
Stummfilm mit musikalischer Live-Begleitung:
Die freudlose Gasse, Deutschland 1925, 180 Minuten, Restaurierte Fassung, stumm mit deutschen Zwischentiteln, 35mm, Farbe Regie: Georg Wilhelm Pabst. Mit: Greta Garbo (Greta Rumford), Werner Krauss (Metzger), Asta Nielsen (Marie Lachner)
Präsentiert vom Kino in der Reitschule und der Grossen Halle, Reitschule Bern.
Georg Wilhelm Pabst schildert basierend auf der Vorlage des sozialistischen Schriftstellers Hugo Bettauer in beeindruckenden Bildern den Zerfall der Gesellschaft in den 20er Jahren. Der Film wurde von der Zensur aus politischen und moralischen Gründen stark gekürzt und verfälscht. Die nun wieder verfügbare deutsche Fassung von 3235 Metern* wurde im Rahmen einer grossen Restaurierungsaktion in Zusammenarbeit mit einer Reihe europäischer und US-amerikanischer Filmarchive hergestellt.
Es spielen unter der musikalischen Leitung von
Marco Dalpane (Komposition und Piano):
Francesca Aste (Synth)
Marco Zanardi (Klarinette)
Gianluca Corbelli (Trompone)
Sara Sternieri (Violine)
Claudio Trotta (Schlagzeug)
Das Schreiben von Filmmusik von Marco Dalpane
Das Schreiben von Filmmusik impliziert für mich, dass ich mit einigen grundsätzlichen Überlegungen anfange. Als erstes muss ein Bewusstsein für die Epoche, den Stil und das kulturelle Milieu erlangt werden, in welchem der Film konzipiert und realisiert wurde. Dies bedingt eine Konfrontation der musikalischen Sprachen, die untereinander sehr unterschiedlich sind. Es sind die «Grundsprachen», welche die ersten 30 Jahre des vergangenen Jahrhunderts gekennzeichnet haben. In dieser Periode ist alles geschehen: von der endgültigen Verwirklichung des spätromantischen Stils bis zur Entwicklung von vielen Bewegungen, die wir heute als Avantgarde definieren (Zwölftonmusik, Expressionismus, Impressionismus, Futurismus, Dada, etc.), vom Anbruch des Jazz bis zur Anerkennung der Liedform. Es ist auch so, dass sich das Kino häufig auf vorhergehenden Epochen oder an geografisch aussereuropäischen Ländern bezieht; dies verpflichtet den Musiker dazu, virtuell eine reiche musikalische Welt zu erforschen. Diese musikalischen Referenzen werden natürlich gefiltert und wieder zusammengesetzt, geprägt durch Erfahrungen, welche von den Vorbildern weit entfernt sein können, sowie von solchen, die meinem persönlichen Geschmack und meinen Neigungen entsprechen. Die Hauptentscheidungen, welche ich vor Beginn einer Komposition fälle, sind die Charakterisierung der einzelnen Szenen und die Wahl des Rhythmus, der sie begleiten wird. Der richtige Taktschlag und die richtige Spannung erlauben der Musik in einer wechselhaften Beziehung mit den Bildern zu stehen. Sie müssen auch der dramaturgischen Entwicklung des Films entsprechen und dennoch eine gewisse Autonomie der Musik gewähren.
*) Die ursprüngliche Variante des Film hatte eine Länge von 3738 Metern. 1925 wurde der Film um 4 Meter gekürzt, 1926, nach der zweiten Zensurierung, blieben 3673 Meter.
Die rekonstruierte Fassung von 1997 hat nun eine Länge von 3235 Metern.