Harakiri von Fritz Lang
1919 war ein bewegtes Jahr für den Wiener Künstler und Kabarettisten Fritz Lang. Der damals 29-jährige hatte den 1. Weltkrieg überlebt, nachdem er dreimal an der Ostfront verletzt worden war. In seiner Genesungspause zwischen Fronteinsätzen hatte er begonnen, Drehbücher zu schreiben und dadurch Thea von Harbou und Erich Pommer kennengelernt. Als der Krieg vorbei war, zog er nach Berlin, wo die Filmproduktion gerade inflationsbedingt einen Boom erlebte: Filme, die sich gegen harte Devisen ins Ausland verkaufen ließen, waren mehr wert als die Reichsmark. Sein Arbeitspensum in diesem einen Jahr war schier unglaublich: Lang führte 1919 bei fünf Filmen Regie und arbeitete an sechs weiteren Drehbüchern mit. Heiratete Lisa Rosenthal, traf aber auch Thea von Harbou wieder.
Pommer und sein Babelsberg-Vorläufer Decla hatten "Madame Butterfly" in Planung, doch der ursprüngliche Regisseur geriet in Verzug. Also bekam der Erstlingsregisseur Lang, der eben in Hagenbecks Tierpark in Hamburg zwei Teile des Abenteuerstoffs "Die Spinnen" mit Lil Dagover drehte, die Chance, die exotische Tragödie zu inszenieren. Dabei übernahm er weitgehend die Besetzung von "Die Spinnen", die "japanischen" Kulissen wurden ebenfalls bei Hagenbeck aufgebaut. Der Film wurde in HARAKIRI umbenannt, um das Buch von Max Jungk von der Puccini-Vorlage abzuheben, der Film im September gedreht und im Dezember schon im Berliner Marmorhaus präsentiert.
Das Motiv des Selbstmords aus Liebe sollte im Jahr darauf Lang auf fatale Weise wieder einholen, als seine erste Frau Lisa Rosenthal durch einen Revolverschuss zu Tode kam, vermutlich nachdem sie von seinem Verhältnis mit von Harbou erfahren hatte. Lang und von Harbou heirateten 1922, nach seinem internationalen Durchbruch mit "Dr. Mabuse".
Collin McMahon