«Peer Gee!»
HipHop-Musical nach Henrik Ibsen Theaterclub Bern West / Junge Bühne Bern
Regie: Christoph Hebing. Musik: Edi Modespacher. Choreografie: Andrea von Gunten. Mit: Bekit Rajad, Elisabeth Mourino, Fredy Kaniere, Joram Weber, Kerstin Huggenberger, Noemi Munoz, Maxamed Hadji Cabdi, Natalia Bolkonskoia, Riccardo Licitra, Vanessa Hubler und BM und Juan (Candy from a stranger). Bühne: Beni Küng, Tom Koch. Licht: Pascal Pompe. Tontechnik: Lukas Loosli. Produktion: Michael Röhrenbach
Die ProtagonistInnen des Jugend Theaterclubs Bern West haben für die Vorlage von Henrik Ibsen aus dem Jahre 1867 eine heutige, ihnen angemessene Umsetzung gefunden, Figuren entwickelt, Szenen, Raps und Songs geschrieben, Choreos einstudiert. Einige intensive Proben-Wochen liegen noch vor ihnen. Das Material stammt von den Jugendlichen. Beim Schreiben, bei der szenischen Umsetzung, bei den musikalischen Arrangements und bei den Choreografien erhalten sie professionelle Unterstützung.
Thema ist die Suche des Menschen, sich selbst zu finden und sich in und auf der Welt zurechtzufinden. Die innere und die äussere Migration sozusagen. Das Suchen und Finden, das Verlieren und Wiederfinden, der Erfolg und das Scheitern wird bei uns nicht eine ganze Lebensspanne dauern wie bei Ibsen, dafür in einer sehr entscheidenden, prägenden und prägnanten Spanne des Lebens spielen: der Adoleszenz.
Bei «Peer Gee!» machen drei Peers ihre Entwicklungen durch. Drei schwarze Peter.
Die Fremde wird invers erzählt. Die Fremde ist nicht in der Fremde, sondern hier. Flüchtlinge vor sich selbst, dem Herkunftsland und der hiesigen Wirklichkeit. Constant strangers, überall dabei. Drei Gees, drei Refugees.
Die Reisen und Lehrjahre führen The Three Peer Gee’s auch nicht nach Marokko oder Ägypten. Es gibt mehr Orient allein in Gäbelbach als im ganzen Peer Gynt. Die Orientierung findet nicht im Orient statt, sondern hier vor Ort.
Es ist nicht nur die Geschichte der drei Pesches, ihrem ewigen Stress mit der Mutter, mit Natur, Mensch und Mitwelt und mit der Liebe zu Sol; ihren Weibergeschichten, ihren Aufenthalten im Irrenhaus und bei den Arabern; ihren Schiffbrüchen, Durchquerungen von Wüsten und sonstigen Abenteuern. Es ist genauso die Geschichte von Sol und ihren Irrrungen und Wirrungen, ihrem Findungsprozess. Und auch die von Ingrid, Maxamed, Natalia, Bekit, Fredy und der ganzen Peergroup.
Eine weitere Welt bietet die Trollwelt der Vorlage, die unserem Heute entsprechend übersetzt ist: die Sucht nach Flucht. Die Scheinwelten. Heute – genau wie vor 140 Jahren – muss man sich zwischen der Maxime der Trollwelt: «Sei Dir selbst genug» und der der Menschenwelt: «Sei Du selbst» entscheiden. Wo bin ich dabei. Wo nicht. Bin ich drin. Oder draussen. Bin ich Mitglied oder nicht?
Allen Figuren ist eines gemeinsam: Aufgabe ist, so zu leben, dass einen am Ende nicht der Knopfgiesser umgiessen will, weil man nicht Halbes und nicht Ganzes ist, weil man niemals sich selbst war. Nicht einmal der Teufel holt die Halben.
«Peer Gee!» ist natürlich auch eine Girl-meets-Boy-Geschichte, eine Boy-leaves-Girl-Geschichte, eine Boy-comes-back-Geschichte und eine Girl-is-Girl-Geschichte.
Als Form für «Peer Gee!» ist das HipHop-Musical gewählt.
Die Möglichkeiten der Montage sind im Musical sehr frei und erlauben ein vielfältiges Nebeneinander von Stilen und Formen. Theater, Musik und Tanz können problemlos miteinander verbunden werden. Das Musical ist ein sehr integratives Genre und kommt unserer Arbeit sehr entgegen. Auch HipHop und Rap kommen dem Ausdruck der ProtagonistInnen sehr entgegen. Die Jugendlichen verschiedenster kultureller Herkunft nehmen kein Blatt vor den Mund. «Peer Gee!» bietet dazu ein professionelles Umfeld. Wie die vorangegangenen HipHop-Projekte «Endstation 14», «Block A Dream» und «Fatmir der Knecht» ist auch «Peer Gee!» ein soziokulturelles Projekt. Es holt die Jugendlichen des Theaterclubs Bern West dort ab, wo sie stehen: Sie wohnen mehrheitlich in der Agglomeration. Sie sind Schüler oder Lehrlinge, Absolventen von Zwischenlösungen oder bereits arbeitslos, bevor ihr Erwerbsleben überhaupt begonnen hat. Vier von ihnen sind Asylbewerber. Aus dieser Sachkenntnis heraus gestalten und spielen sie die Rollen.